Der Garten im Winter oder der Garten der „sieben Jahreszeiten“ (Karl Förster) soll angesichts des anhaltenden Winters Thema sein.
In der Süddeutschen Zeitung habe ich vor ca. zwei Wochen in einer Samstagsausgabe in der Rubrik Stil einen kurzen empfehlenswerten Artikel über den Zeitgeist deutschen Gärtnerns im Winter gelesen.
Was o.g. Staudengärtner und Autor schon vor ca. 60 Jahren propagierte wird hier nochmals im modernen Kontext aufgezeigt. Der Zeitungsjournalist fühlt sich bemüßigt, die vielen Vorteile (ökologisch, gestalterisch und auch wirtschaftlich) eines naturnahen Wintergartens zu betonen. Befremdend, dass Selbstverständlichkeiten wie ein schöner Wintergarten mit dem Deckmantel eines dem Zeitgeist entsprechenden frischen Namen versehen in der Planerwelt hier als neue Erkenntnis vermarktet wird.
Begriffe wie den Garten „winterfest“ zu machen wären vor allem eine deutsche Marotte.
Foto 1 "Winterschmuck" Kopfweide (Salix alba - gelbe Sorte) auf meinem Betriebshof
Auch ist die Grundanlage unserer Gärten oft mehr als dürftig.
Ein Phänomen, dass in den 60 Jahren mit dem Wissenssterben um Bauerngärten schön im Buch aus den 80er „Grün kaputt“ beschrieben wurde aber heute durch das Schottergartenphänomen mit grauen Plastikzäunen und teuren Gartenassessoires und Formgehölzen der Neubauviertel schon überholt wurde (auf negative Fotobeispiele wurde verzichtet).
Winterschmuck, Strukturbildner, Naturbeobachtungen im eigenen Garten sind dann oft nicht mehr möglich und von der Gesellschaft sogar oft unerwünscht.
Foto 2 "Winterschmuck" Phragmitis australis als Sichtschutz, Windfahne
Im Herbst beginnt die Aufräumbesessenheit mit der Entfernung sämtlichen Laubes aus den Beeten und Gehwegen.
Was für Gehölzrabatten eine biologische Katastrophe darstellt aber immer mehr in Kommunen und Privatgärten die Regel ist, ist auch ein Erfahrungsverlust.
Dem u.g. Zitat ist hier wenig hinzuzufügen:
„The small but intense pleasure of walking
through dry leaves and kicking them up as you go
...they rustle, they brustle, they crackle...“
from Walking Through Leaves, Vita Sackville-West
Foto 3 "Winterschmuck" Calamagrostis `Karl Förster` im Dezember
Danach folgt das rigorose Zurückschneiden von Stauden und Gehölzen – egal welche Art und welches Wuchsverhalten.
Nicht nur, dass der Herbst gegen die langläufige Meinung keine gute Zeit für Gehölzschnitt ist (Einlagerung von Nährstoffen, Abschottung in der vegetationsfreien Zeit oft schlecht) wird hier auch oft in die Kronenarchitekt eingegriffen so dass so mancher Strauch nicht mehr seinen gestalterischen Stärken ausspielen kann.
Das eigentlich Schlimme ist, dass auch viele Gärtner hier mitspielen und wider (…hoffentlich...) besseren Wissens jeden Strauch einer „Gleichschaltung“ unterziehen auch weil ihrer Kunden das so erwarten.
Dieses Bedürfnis bediene ich nicht!
Gegenwartsgartenautoren wie z.B. der Holländer Piet Oudolf zeigen Alternativen auf, deren Grundprinzipien auch auf kleine Projekte anwendbar erscheinen. Hier sei der Dokumentarfilm "Five seasons" wärmstens empfohlen!
Es reicht aber ein Blick in englische Vorgärten und die Stockrose auf dem Gehsteig in Amsterdam um zu sehen, dass Staudenverwendung aber auch die Liebe zum naturnahen Gärtnern in anderen europäischen Kulturen stärker ausgeprägt erscheint.
Ein Beispiel sei die seit mehreren Dekaden zur besten sonntäglichen Sendezeit ausgestrahlte BBC 1 Sendung „the gardeners world“ (z.B. hier: https://www.youtube.com/watch?v=e0JU86oC4UE die durch einen verblüffend hohen Informationsgehalt den Betrachter fordert! …. Sehr zu empfehlen!
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